Ich bin wieder in Japan. Irgendwie ging in den letzten Wochen plötzlich alles ganz schnell. Kaum war das Visum am Freitag ausgestellt, bekam ich Montags schon eine Mail von der Uni mit meinen Flugdaten und Donnerstag abends ging es dann los.
Erstmal bin ich mit meinen Eltern Nachmittags um 1 Richtung Marburg gefahren, von da dann in den Zug nach Frankfurt.
Am Flughafen mußte ich erstmal zittern, ob ich den Koffer mit 5 Kilo Übergewicht an den netten Damen vom Checkin vorbei bekomme, aber dort hat man sich für das Gewicht meines Koffers anscheinend gar nicht interessiert. Zumindest konnte ich nicht feststellen, daß die Frau überhaupt in Richtung der Waagen-Anzeige geschaut hätte. Nach dem, was ich sonst so gelesen habe, scheint JAL generell ziemlich kulant zu sein, was Übergepäck angeht...
In der Wartehalle saß ich zunächst alleine mit gut 200 Japanern - im Laufe der Zeit tauchten noch 4 weitere Ausländer auf, aber ansonsten waren fast nur Japaner da. Um halb 9 durften wir dann in den Flieger steigen und waren um viertel nach 9 in der Luft. Nach einem langen, langweiligen Flug (immerhin Non-Stop - der Uni, die mir auch die Flugtickets spendiert hat, sei Dank!) bin ich dann um 15:30 Tokyoter Ortszeit gelandet.
Hier stellte es sich dann als positiv heraus, daß außer mir kaum Ausländer im Flieger waren, denn so ging es an der Immigration viel schneller, als beim letzten Mal, wo ich mit British Airways geflogen bin.
Auch alles Weitere lief unproblematisch. Am Flughafen habe ich gleich ein Ticket für den Skyliner nach Nippori gekauft, dort tatsächlich im Chaos meines Handgepäcks meine Suica-Karte vom letzten Mal gefunden, so daß ich einfach mit der Straßenbahn nach Kanda weiterfahren konnte. Lustig waren vor allem die Treppen an der S-Bahn, wo ich meinen Koffer rauf- und runterwuchten durfte - also lustig für die Japaner, die sich das angeguckt haben, und sich ein Grinsen nicht verkneifen konnten... Ob es wohl irgendwo einen Aufzug gab, den ich übersehen habe? Vielleicht irgendwie gleich nebenan, oder so? Vielleicht finden Japaner es aber auch einfach nur lustig, einem merkwürdigen Gaijin dabei zuzusehen, wie er seine Koffer schleppt...
In Kanda war ich dann schier erschlagen von den Menschen und den Geschäften und den Leuchtreklamen. Irgendwie hatte ich beim Buchen gar nicht nachgesehen, was Kanda überhaupt für eine Gegend ist, weil alles von einem auf den anderen Tag gehen mußte, und hatte gedacht, das könnte eine "normale" Wohngegend sein. Das Hotel (Sun Hotel Kanda - wirklich zu empfehlen!) habe ich wider Erwarten aber innerhalb von 10 Minuten gefunden, ohne mich zu verlaufen und bin dann gleich in mein Zimmer. Direkt gegenüber dem Hotel zwischen den Hochhäusern ist übrigens dieses Mini-Schreinchen:
Den Versuch, es Abends noch zur Uni zu schaffen, mußte ich relativ schnell aufgeben, weil in der JR-Station Kanda, wo ich angekommen war, nur ein rein mit Kanjis geschriebener Liniennetzplan war, Jinbouchou natürlich keine JR-Station ist, und ich keine Ahnung hatte, wo ich in eine der U-Bahnen nach Jinbouchou hätte umsteigen können. (und natürlich auch den Eingang zur Metro-Staton Kanda übersehen habe) Für die, die es nicht wissen, oder die, die diese leidvolle Erfahrung noch nicht selbst machen mußten: Es gibt in Tokyo verschiedene Bahngesellschaften - unter anderem die von JR betriebenen S-Bahnen und die von Tokyo Metro betriebenen U-Bahnen. Die Stationen haben zwar häufig die gleichen Namen, das heißt aber nicht, daß es sich um die gleiche Station handelt. Das heißt genaugenommen nichtmal zwangsläufig, daß die Stationen nah beieinander liegen.
Bin dann zurück zum Hotel, habe meinen Internetanschluß eingerichtet, mich bei allen gemeldet, die auf ein Lebenszeichen von mir gewartet haben, und bin dann irgendwann todmüde eingeschlafen, irgendwann wieder wach geworden, den Computer eingeschaltet, weil ich meinen Schatz so vermißt habe, hoffte, daß er noch im Netz ist, dann irgendwann wieder eingeschlafen und bis 12 gepennt.
Hier für die ganz Neugierigen noch ein paar Blicke in mein Hotelzimmer, das ich leider morgen verlassen muß:
...und in die Automatenecke im Hotel:
Heute habe ich dann zuerst in Shinjuku den Schlüssel für meine Übergangswohnung geholt, mir dann noch einen sündhaft teuren Fön gekauft, weil in der Wohnung keiner drin ist, und bin zurück nach Kanda gefahren, um mir die Wohnung anzusehen. Nach kurzem Suchen hatte ich die Wohnung dann sogar gefunden (vielleicht 100 Meter vom Hotel entfernt), bin todesmutig hineingegangen und bei einem Schritt in die Küche ob des Geruchs beinahe rückwärts wieder aus der Tür gefallen... Letztendlich habe ich mich dann aber doch in mein Zimmer gewagt, und es ist besser, als die Küche es erwarten ließ! Immerhin gibt es eine recht neue Klimaanlage, einen kleinen Schreibtisch und einen Stuhl, der aber höchstens das Gewicht eines Durchschnitts-Japaners vertragen wird, Außerdem gibt es ein schönes, großes Bett und am wichtigsten natürlich das Loch in der Wand, in das ich mein Netzwerkkabel stecken kann, um mit dem Rest der Welt verbunden zu bleiben. Die Tür von meinem Zimmer läßt sich abschließen, so daß sich mein armer, kleiner Aibo auch nicht vor Dieben fürchten muß, wenn ich nicht zu Hause bin. Morgen gibt es auch noch Fotos! Das Einzige, was wirklich unbedingt sein muß, ist eigene Bettwäsche... Es ist zwar welche auf dem Bett aufgezogen, aber obwohl sie angeblich frisch gewaschen ist, und auch so riecht, sieht sie so aus, als hätte sie die Urgroßmutter des Besitzers aus dem Fundus ihrer Kindheitssouvenirs gestiftet, oder so...
Naja, mit dem festen Vorsatz, neue Bettwäsche zu besorgen, bin ich dann zunächst durch Kanda gelaufen, konnte aber beim besten Willen kein passendes Geschäft oder einen Depaato finden. Danach bin ich weiter nach Akihabara, wo ich immerhin meine beiden Lieblings-Grammatik-Bücher gefunden und gleich mitgenommen habe, bei der Suche nach einem Depaato, der nicht nur Elektronikkrams führt, allerdings auch erfolglos geblieben bin. Um auf Nummer sicher zu gehen, bin ich also zurück nach Shinjuku. Immerhin kannte ich da gleich zwei Depaatos, auch wenn ich dort bisher noch nie drin war... Mir schwante schon Böses, als ich im Aufzug feststellte, daß eine nette, uniformierte und behandschuhte, superhöfliches Keigo redende Dame die Aufzugknöpfe für die Besucher bediente und in der Abteilung für Bettwäsche angekommen, wurde meine Vermutung bestätigt. Es gab ausschließlich Markenzeugs von Yves Saint Laurent & Co. und nachdem mir 30 Euro alleine für einen Kopfkissenbezug eindeutig zu teuer waren, habe ich den Laden unverrichteter Dinge wieder verlassen. Immerhin habe ich woanders noch einen Rucksack und einen Schirm gefunden, die ich dringend gesucht hatte, und bin dann nach einem kurzen Abstecher zum Ramen-Essen wieder ins Hotel zurückgegangen. Noch ein bißchen chatten, Koffer wieder einpacken, damit ich morgen umziehen kann, und jetzt bin ich müde genug, um endlich zu schlafen....
Ich habe von Anfang Januar 2005 - August 2005 ein Praktikum in Atsugi, Kanagawa, Japan gemacht und absolviere nun mein Promotionsstudium am National Institute of Informatics in Tokyo. Ich werde hier in Zukunft alle, die es lesen wollen (oder die zufällig hier landen) mit mehr oder minder wissenswerten Informationen über das Land der aufgehenden Sonne versorgen. :)
My English short blog can be found at http://genetix.tumblr.com
For anyone interested in robots and AI-related stuff, please have a look at http://www.robotopia.de
Recently, I have also started Twittering...
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