Freitag, 11. 3. 2011
Alles fing Freitag vor zwei Wochen an. Um kurz vor 3 nachmittags bewegte sich ploetzlich der Boden im Buero. Nichts besonderes, dachte ich da noch - Erdbeben haben wir hier oefter - doch wir merkten alle schnell, dass es diesmal anders war: heftiger und vor allem wollte das Wackeln diesmal gar nicht aufhoeren, sondern wurde immer staerker. Einer nach dem anderen verschwand unter seinem Schreibtisch, dann kippten auch schon Kleiderstaender, Flaschen und andere, nicht ganz sicher stehende Sachen um, die Holzwand zu unserem Meetingraum knarrte sehr verdaechtig und ich war sicher nicht die einzige, die geglaubt hat, dies sei nun nun “das” schwere Erdbeben, das schon so lange fuer Tokyo erwartet worden war.
Nach gefuehlten Stunden (in Wirklichkeit waren es wohl nur zwei oder drei Minuten) liess das Wackeln langsam nach, nur um ein paar Minuten spaeter umso heftiger wieder anzufangen. Selbst die aelteren Kollegen hatten sowas bisher noch nicht erlebt. Nachdem auch das zweite Beben vorbei war, aber im Minutentakt Nachbeben folgten, realisierten die ersten von uns so langsam, dass da Schlimmeres passiert sein muss. Laut Internet zwei schwere Erdbeben – eins der Praefektur Miyagi und ein weiteres, nicht ganz so schweres in der Naehe der Prefektur Ibaraki, also naeher an Tokyo und deswegen wohl staerker zu spueren.
Nach den ersten Meldungen haben wir aber alle noch geglaubt, das Erdbebengebiet sei einer wirklichen Katastrophe entgangen. Bei uns im Buero ist eigentlich nicht viel passiert. Die umgefallenen Sachen waren schnell wieder aufgestellt, aber an Arbeiten war fuer den Rest des Tages nicht mehr wirklich zu denken und so verfolgten wir gemeinsam die Nachrichten. Durch das Erdbeben fuhren im Grossraum Tokyo/Yokohama keine Zuege und U-Bahnen mehr und auf den Strassen reihte sich ein Auto ans naechste, so dass meine Kollegen sich groesstenteils entschieden haben, im Buero zu uebernachten.
Da ich quasi „um die Ecke“ wohne und mit dem Rad nur fuenf Minuten bis zu meiner Wohnung brauche, bin ich irgendwann gegen halb 10 abends nach Hause gefahren. In meiner Wohnung war gluecklicherweise nicht viel passiert, aber die Bilder in den Nachrichten wurden stuendlich schlimmer, erst der Tsunami, dann Feuer und zuletzt Meldungen, dass es Probleme in zwei Atomkraftwerken gibt. Und immer wieder Nachbeben und Fehlalarme meines Erdbebenwarnsystems (das bei beiden Hauptbeben uebrigens nicht angeschlagen hat). Dazu kam die Angst, dass es ein schweres Nachbeben in Tokyo geben koennte. Die Nacht habe ich dann auch wach vor dem Fernseher verbracht, ohne so wirklich fassen zu koennen, was da gerade passiert.
Samstag, 12. 3. 2011 - Sonntag, 13. 3. 2011
Irgendwann wurde es wieder hell – Tokyo stand gluecklicherweise immernoch, aber die Meldungen aus dem Reaktor wurden leider zunehmend bedrohlicher. Es war bereits von Kernschmelze die Rede, ausgefallene Kuehlsysteme, erhoehte Strahlenwerte, am naechsten Tag dann eine Wasserstoffexplosion, die das Gebaeude eines der Reaktoren beschaedigt hat. Das Wochenende habe ich praktisch vor dem Fernseher verbracht, und im Internet Kontakt mit meiner Family in Deutschland gehalten und nach Informationen gesucht, was das denn nun alles zu bedeuten hat. Trotzdem war das Leben in Tokyo - entgegen anderslautender Berichte in deutschen Medien, die bereits den Super-GAU herbeigeredet haben - ansonsten fast schon erschreckend normal. Ab Sonntag konnte man in den Convenience Stores fast wieder normal einkaufen – nur haltbare Lebensmittel und Brot waren knapp und Laeden und Restaurants waren geoeffnet, Leute waren auf der Strasse, wenn auch etwas weniger als sonst. Haette man von dem Erdbeben nicht gewusst, man waere nicht darauf gekommen, dass irgendetwas anders ist, als normal.
Montag, 14. 3. 2011
Montag in der Firma haben sie uns nach Hause geschickt. Die Verkehrslage hatte sich immernoch nicht normalisiert, so dass viele gar nicht erst ins Buero kommen konnten. Es waren Stromausfaelle geplant, weil durch die ausgefallenen AKWs nicht genug Strom produziert werden konnte, und auch die Nachbeben hatten immer noch nicht aufgehoert. Ich gebe zu, ich war im ersten Moment gar nicht gluecklich damit, wieder alleine zu sein, aber auf der anderen Seite wollte ich vorbereitet sein, falls die Botschaft anordnet, Tokyo zu verlassen, und so bin ich schon Mittags wieder in meiner Wohnung gewesen und habe den Rest des Tages in Gesellschaft meines Fernsehers verbracht. Wie gut, dass es wenigstens Skype gibt, und die Internetverbindung in Tokyo kein Problem war.
Dienstag, 15. 3. 2011
Am Dienstagmorgen ging es gleich nach dem Aufstehen mit schlechten Nachrichten und Nachbeben weiter. Ploetzlich war die Rede von „Millisievert“ pro Stunde, nicht mehr von „Mikrosievert“, obwohl sich die Zahl vor der Einheit kaum geaendert hatte. Im ersten Moment hatte ich das noch fuer einen Versprecher eines mathematisch nicht bewanderten Politikers gehalten, aber da hatte ich mich leider geirrt. – Die Strahlungsmenge, um die es nun ging, war also gut 1000 Mal hoeher als am Tag vorher und genug, die Arbeiter vor Ort ernsthaft zu schaedigen und auch in einiger Distanz noch zu deutlich erhoehten Strahlendosen zu fuehren. Soviel hatte ich aus meiner Recherche der vergangenen Tage zumindest behalten.
Dann ging alles ziemlich schnell. Ich habe im Internet nachgesehen, ob noch Plaetze im Shinkansen und Hotelzimmer frei sind, habe beides gebucht und sass um 4 Uhr nachmittags im Zug nach Kyoto, weiter im Sueden des Landes und freute mich auf die erste Nacht seit Freitag, in der mein Bett nicht wackeln wuerde. Mein Timing war dann auch wirklich ziemlich gut. Am gleichen Abend, kurz nachdem ich mein Hotelzimmer bezogen hatte, gab es noch ein schweres Nachbeben in Shizuoka, wegen dem der Shinkansen dann stundenlang festhing. Glueck gehabt! Das haette ich nur sehr ungern im Zug miterlebt. Am naechsten Tag hat dann auch die deutsche Botschaft dazu aufgerufen, den Grossraum Tokyo/Yokohama voruebergehend zu verlassen und Richtung Sueden zu ziehen. Wie gut, dass ich schon dort war.
Im Hotel angekommen merkte ich dann erstmal, wie angespannt ich die Tage vorher gewesen war, und wusste, die Abreise aus Tokyo war eine gute Entscheidung – nicht unbedingt, weil es in Tokyo wirklich zu gefaehrlich gewesen waere, aber weil ich endlich mal wieder ruhig schlafen konnte.
Mittwoch, 16. 3. 2011 bis jetzt
Die naechsten vier Tage habe ich dann in Kyoto verbracht. Den Firmenlaptop hatte ich mit, und einen grossen Teil der Zeit habe ich gearbeitet, aber ein paar Stunden Sightseeing waren natuerlich auch drin. Nachdem ich mir eine ausgiebigere Reise nach Kyoto immer fuer einen „besonderen Anlass“ aufgespart hatte, ohne zu ahnen, wie dieser “besondere Anlass” jetzt aussehen wuerde, wollte ich doch zumindest Gion und die bekanntesten Tempel und Schreine dort gesehen haben. Zu meinem Erstaunen war an dem Freitag auch wirklich voller Tourismusbetrieb – ueberfuellte Busse, jede Menge Leute, entspannte Stimmung, sonnig, strahlend blauer Himmel, fruehlingshaft. Um ehrlich zu sein, hat wenig daran erinnert, dass ich gerade nicht im Urlaub war. Zwischendurch schnappte man aus Gespraechen natuerlich immer wieder Worte wie 地震 (Erdbeben), 放射線 (Radioaktivitaet) oder 原発 (Atomkraftwerk) auf, aber alles in allem lief das Leben in Kyoto so normal weiter, dass man fast vergessen konnte, was ein paar Tage zuvor passiert war, und auch die Lage am Atomkraftwerk Fukushima schien sich langsam zu entspannen, auch wenn die Versuche, die Reaktoren mit Wasserwerfern und durch Einsatz von Meerwasser zu kuehlen, im ersten Moment schon einen ziemlich verzweifelten und wenig Erfolg versprechenden Eindruck gemacht haben.
Am Samstagmorgen sass ich dann im Zug nach Osaka. Mein Chef hatte mir erlaubt, auch diese Woche noch von ausserhalb zu arbeiten und da mein Hotel ueber das Wochenende ausgebucht war, hatte ich mich dazu entschieden, die naechsten Tage in Osaka zu verbringen. Da bin ich bisher auch immer noch. Von der Stadt habe ich leider noch nicht viel gesehen, weil ich wegen eines Projekts, das sich durch das Erdbeben sowieso schon verzoegert hat, vom Hotel aus arbeite. Ich hoffe, am Sonntag geht es zurueck, wenn es nicht noch schlechte Nachrichten gibt. Seit gestern scheint die Lage wieder etwas angespannter – Radioaktivitaet im Trinkwasser in Tokyo oberhalb der Grenzwerte fuer Kleinkinder, Rauch aus den Reaktorgebaeuden, wegen dem immer mal wieder die Arbeit unterbrochen und das Gelaende evakuiert werden muss, zuletzt drei verstrahlte Mitarbeiter. Ich hoffe, die Sache geht noch „gut“ aus.
Wie auch immer – bei allem, was die letzten Tage so passiert ist: Wir in Tokyo haben eine Menge Glueck gehabt. Wie schrecklich die Situation fuer die Menschen sein muss, die in der Region gelebt haben, die zunaechst von dem Erdbeben und danach von dem Tsunami unmittelbar getroffen wurde, kann man sich anhand der Fernsehbilder wohl nichtmal ansatzweise ausmalen. Wie die Natur von jetzt auf gleich ganze Kuestenstaedte verwuesten und dem Erdboden gleich machen kann und mehrere 1000 Menschen umbringen und noch viel mehr obdachlos machen kann, ist unvorstellbar. Ich hoffe, dass man den Ueberlebenden moeglichst schnell helfen kann. In den ersten Tagen war selbst die Versorgung mit dem Notwendigsten, Nahrung, Wasser, Medikamente und vor allem Waerme nicht sichergestellt. Jetzt beginnt man schon mit dem Wiederaufbau. Allen, die helfen moechten, lege ich das japanische Rote Kreuz ans Herz, das sich von der ersten Minute an in den Krisengebieten engagiert und den Menschen dort bei der Notversorgung geholfen hat. Spenden sind ueber das deutsche Rote Kreuz moeglich: http://www.drk.de/
Einige Randnotizen, die ich mir an dieser Stelle einfach nicht verkneifen kann:
Die deutschen Katastrophenmedien waren die letzten Tage wirklich kaum zu ertragen. Wie selbst auf den Websites von vermeintlich serioesen Sendern regelrecht auf den Super-GAU hingefiebert wurde, Interviews falsch uebersetzt und dramatisiert wurden und Geschichten sehr phantasievoll ausgeschmueckt wurden – immer versetzt mit Woertern wie „Horror“, „Grauen“ usw. – haette ich nicht fuer moeglich gehalten. In Deutschland kauft man jetzt also Geigerzaehler und Jodtabletten und hat nach 25 Jahren wieder Angst vor „der Wolke“. Guter Journalismus sieht anders aus. Ich will nicht sagen, dass auf japanischer Seite nicht auch beruhigt und verharmlost werden sollte, aber zumindest haben die Medien das wiedergegeben, was sie wussten, ohne noch unnoetig etwas hinzuzuerfinden oder zu dramatisieren oder Prognosen abzugeben, die zu dem Zeitpunkt eh noch voellig unmoeglich waren. Sehr hilfreich fand ich, neben den japanischen Medien, die Website des Bundesamtes fuer Strahlenschutz (www.bfs.de) und der Gesellschaft fuer Reaktorsicherheit (www.grs.de), die ohne “journalistische Ambitionen” Fakten zusammengetragen haben, so dass man sich selbst ein Bild der Lage machen konnte.
Ist eine Katastrophe dieses Ausmasses wirklich der richtige Anlass fuer Wahlkampftaktik? Bisher – und wir alle hoffen, dass das so bleibt – ist noch kein Mensch in Japan durch radioaktive Strahlung getoetet worden, aber mehr als 10.000 durch das Erdbeben und den darauf folgenden Tsunami. Ist es fair, dass dies so in den Hintergrund rueckt, hinter Debatten ueber Atomausstieg in Deutschland? Wenn ich Sprueche hoere, wie „Fukushima ist ueberall“, dann frage ich mich wirklich, ob die Leute, die sowas schreiben, auch nur eine Sekunde ernsthaft darueber nachgedacht haben, oder ihr sicheres „ueberall“ vielleicht mal fuer eine Weile gegen das „ueberall“ der Arbeiter am Kernkraftwerk tauschen moechten.
Danke an alle, die sich in den letzten Tagen nach mir erkundigt haben, mich und meine Family in Deutschland abgelenkt haben und mir Ratschlaege gegeben haben. Sorry an die, die sich Sorgen gemacht haben, weil ich nicht aus Japan ausgereist bin und danke an meine Firma und alle, die Verstaendnis gezeigt haben, dass die letzten Tage, eben nicht alles lief, wie immer. Es ist gerade in Japan nicht selbstverstaendlich, dass so verstaendnisvoll und mitarbeiterfreundlich mit der Situation umgegangen wird – andere Bekannte aus Tokyo mussten um ihren Job fuerchten, weil sie die Stadt verlassen haben – und ich bin wirklich dankbar, dass ich mir darum keine Sorgen machen musste.
Ich glaube, ich habe mich vorletztes Jahr schonmal ausgiebig ueber meinen absoluten “least favourite place” in Tokyo ausgelassen. Dieses Jahr ist es mal wieder so weit. Ich muss mein Visum verlaengern lassen und sitze dafuer mal wieder im Immigration Office in Tokyo.
Diesmal bin ich gluecklicherweise besser vorbereitet, als beim letzten Mal, wo ich mangels anderer Beschaeftigung vier Stunden damit verbringen durfte, Leute zu beobachten , und habe meinen Laptop und die eMobile-Karte dabei. Das heisst, ich blogge gerade sozusagen “live". Allerdings ist das Immigration Office netterweise auch der einzige Ort in Tokyo, den ich kenne, wo das eMobile-Netz nicht zuverlaessig funktioniert. (selbst im Shinkansen zwischen Tokyo und Maebashi klappt das besser) Das heisst, Internet habe ich alle fuenf Minuten mal fuer ein paar Sekunden, aber was soll’s - bei drei bis vier Stunden durchschnittlicher Wartezeit (Erfahrungswert von den letzten Besuchen) bleibt da trotzdem genug “Internetzeit” uebrig.
Immerhin, es hat sich einiges getan, seit meinem letzten Besuch hier. Es gibt jetzt ein Restaurant, wo man (wenn auch zu voellig ueberteuerten Preisen) ein paar Snacks kaufen und sich vor allem etwas gemuetlicher hinsetzen kann, als im Warteraum. Die Plakate, die bereits am Bahnhof dazu auffordern, Regeln einzuhalten und Visavergehen anzuzeigen, sind erstaunlicherweise auch verschwunden. Dafuer wird jetzt auf riesigen Plakaten an die Frist fuer die Steuererklaerung erinnert…
Im Wartesaal gibt es jetzt uebrigens einen “schicken” Plasmabildschirm, auf dem in einer Endlosschleife und in unueberhoerbarer Lautstaerke in verschiedenen Sprachen ueber die neuen Einreiseprozeduren informiert wird. (Noch ‘ne halbe Stunde, und ich kenne den Ansagetext auswendig, und zwar in ALLEN Sprachen, auch denen, die ich nicht verstehe! *aaaaaargh*)
So, mittlerweile bin ich wieder zu Hause. Die Warterei hat diesmal tatsaechlich “nur” gut zwei Stunden gedauert, nur damit ich dann innerhalb von 30 Sekunden meine Dokumente abgebe, die Dame am Schalter einen kurzen Blick darauf werfen lasse und gehe. Naja, Hauptsache, das ist fuer’s Erste erledigt! “Nur” zwei Stunden Wartezeit waren fuer mich uebrigens ein neuer Geschwindigkeitsrekord, aber ich habe ja noch mindestens einen Besuch vor mir, um mein Visum, die Arbeitserlaubnis und die Wiedereinreiseerlaubnis abzuholen. Vielleicht werden es da zum Ausgleich dann ja fuenf Stunden… Naja, aufregen bringt nichts, und immerhin habe ich endlich meine Papers und sonstigen Stress fuer’s Erste hinter mir, so dass ich das Ganze jetzt halbwegs gelassen angehen kann.
「友人の友人はアルカイダだ」(Der Freund meines Freundes ist bei Al-Kaida), so lautete die ueberaus einleuchtende Rechtfertigung des japanischen Justizministers Kunio Hatoyama, wieso Auslaender ab heute bei der Einreise nach Japan Fingerabdruecke abgeben und sich fotografieren lassen muessen. Laut seiner Aussage ist besagter Freund eines Freundes, den er natuerlich nieeeee persoenlich getroffen hat, mehrfach unerkannt nach Japan ein- und ausgereist, bevor er an den Anschlaegen in Bali beteiligt war.
Also MEINE Freunde sind nicht bei Al-Kaida und die Freunde meiner Freunde auch nicht - laeuft hier nicht irgendwas verkehrt? Vielleicht sollte man statt unsereinem der innenpolitischen Sicherheit zuliebe doch besser japanische Politiker bei der Einreise erkennungsdienstlich behandeln?
Wer bislang die Einreisebedingungen nach Amerika fuer paranoid gehalten hat, der darf jetzt also ein weiteres Land auf seiner Negativliste hinzufuegen. Auch in Japan wird zukuenftig erstmal jeder ge-fingerprinted, fotografiert und verhoert, bevor er, sollte er kein Terrorist oder sonstwie verdaechtig sein, ins Land einreisen darf… das alles natuerlich nach gut 2 Stunden Wartezeit am Immigration-Schalter am Flughafen Narita und voellig unabhaengig davon, ob man als Tourist kommt, als Student oder als seit 10 Jahren in Japan lebender Ehepartner eines Japaners.
Was wohl dem einreisewilligen Auslaender passiert, wenn ihm am Immigration-Schalter zufaellig「友人の友人はアルカイダだけど・・・」 herausrutscht? Warum habe ich nur das Gefuehl, das in diesem Fall wuerde obiges Statement mit weitaus weniger Wohlwollen betrachtet?
Na denn,
Hier noch ein nicht ganz ernst gemeinter Beitrag aus der “Japan Times” zum Thema:
Ich hatte ja in meinem letzten Eintrag geschrieben, daß ich morgen mit meinen Kollegen nach Atami fahren wollte. Leider hat er hier uns einen Strich durch die Rechnung gemacht:
Das Bild zeigt Taifun Nr. 13 dieses Jahr alias SHANSHAN ( サンサン ). Unten sieht man nochmal genauer, wo er sich die nächsten Stunden langbewegen wird:
Mit dem Taifun verbunden werden Wellenhöhen von bis zu 3 Metern erwartet, was definitiv keine guten Voraussetzungen für einen gelungenen Nachmittag auf dem Wasser sind. In sofern wurde unser Ausflug für morgen abgesagt.
Da ich aber eh noch einiges vorzubereiten habe für meine Reise nach Deutschland ist es vielleicht auch gar nicht so verkehrt, den Feiertag morgen anderweitig zu nutzen. Trotzdem - manchmal nervt es, daß die Natur einen hier in Japan so dermaßen im Griff hat, und dagegen hilft leider auch aller Fortschritt nichts.
Da ich sonst ja ständig allen von Japan vorschwärme, werde ich heute aus aktuellem Anlaß und quasi als Gegengewicht mal auflisten, was einen an Japan gelegentlich so richtig nerven kann
kleine, fiese, gemeine Supermücken
Mit dieser Spezies habe ich gestern Bekanntschaft gemacht, als ich auf meine Kollegen gewartet habe, mit denen ich Badminton spielen wollte. Im Dunkeln vor dem hell erleuchteten Eingangsbereich der Turnhalle müssen offensichtlich einige dieser freundlichen Tierchen Lust auf ein wenig Abwechslung gehabt haben, so daß ein bißchen Ausländerblut wohl gerade richtig kam... Das Resultat sind etwa zehn riesige, rote Mückenstiche mit 2-4 Zentimetern Durchmesser, die auch noch echt fies jucken. Deutsche Mücken mögen mich in der Regel sowieso nicht, aber wenn sich denn mal eine zu mir verirrt, dann sind die Stiche in der Regel kaum zu sehen... Auf diese "Supermücken" könnte ich gut und gerne verzichten, aber immerhin haben sie mir den Anlaß gegeben, hier mal wieder ein bißchen was zu schreiben.
Erdbeben und ein besonders fieses Tierchen
Noch etwas, auf das ich gut und gerne verzichten könnte, sind die Erdbeben, die Japan mit schöner Regelmäßigkeit heimsuchen. Daran schuld ist übrigens er:
Ein japanischer Mythos besagt, daß im Erdinneren ein gigantischer Katzenfisch lebt, der dafür verantwortlich ist, daß es gelegentlich wackelt. Auch wenn dieser Mythos irgendwie netter ist, als die übliche Geschichte von aneinander reibenden tektonischen Platten, kann ich mich mit den Erdbeben hier noch nicht wirklich anfreunden.
Glibberzeugs und Essen mit Augen
Nicht ganz so nervig, weil man ihm in den meisten Fällen gut aus dem Weg gehen kann, wenn man nicht gerade von netten Kollegen eingeladen wird, ist Glibberzeugs, das es in allen Variationen in Japan gibt. Ich liebe Fisch, sowohl gebraten, als auch roh und auch sonst ist die japanische Küche wirklich super, aber manchmal überkommt einen dann doch das Gruseln:
Essen, das noch Augen hat, mag ich irgendwie gar nicht - und Glibberzeugs auch nicht - aber Glibberzeugs mit Augen, wie im Bild oben, ist echt zuviel! Diese kleinen Fischchen in verschiedenen Größen findet man übrigens recht häufig in japanischem Essen... besonders nett auch in ganz klein im Reis, wo sie aussehen, wie kleine, weiße Maden... *würgs*
Eine andere Begegnung besonderer Art hatte ich vor einer Weile im Sushishop. Neugierig, wie ich war, mußte ich dort unbedingt rohe Oktopussaugnäpfe probieren. Ich sage nur, es war keine gute Idee und meiner "Ich-mag-nicht-Liste" wird ab sofort "Essen, das sich an meiner Zunge festsaugt" hinzugefügt.
Von Natto habe ich ja schonmal erzählt - glibberige, fermentierte (man könnte auch sagen, vergammelte) Sojabohnen und wann immer man mit einem Japaner essen geht, wird dieser fragen, ob man in der Lage ist, Natto zu essen, nur um dann mit befriedigtem Gesichtsausdruck zu hören, daß man SOWAS natürlich nicht essen kann...
Daß Hühner-Bürzel-Spießchen ebenso wie rohes Pferdefleisch weniger glibberig, aber nicht minder eklig sind, habe ich ja bereits beim letzten Mal geschrieben. Wenn ich das so lese, sollte ich mir vielleicht doch nochmal überlegen, Vegetarier zu werden - dann habe ich für solche Fälle wenigstens 'ne gute Ausrede!
U-Bahn-Kuscheln
Worauf ich mich jeden Arbeitstag morgens ganz besonders freue, ist das Gruppenkuscheln in der U-Bahn. Noch netter ist es sicher im Winter zur Erkältungssaison, aber auch im Sommer kann ich mir Angenehmeres vorstellen, als gemeinsam mit ein paar hundert schwitzenden Leuten in einem U-Bahn-Abteil eingequetscht zu werden. Das ist übrigens absolut wörtlich zu nehmen. Es gibt keine Chance, auch nur ein paar Millimeter Sicherheitsabstand zu seinem Gegenüber zu halten. Die Packungsdichte ist so hoch, daß man sich nicht mehr festhalten muß, weil es einfach keinen Platz gibt, um umzufallen und gelegentlich verirren sich fremde Hände mal mehr mal weniger absichtlich an Stellen, wo sie nichts zu suchen haben... *grrr* Allerdings ist der Straßenverkehr in Tokyo auch nicht angenehmer und schneller schon gar nicht, so daß ich meinem Auto gar nicht nachzutrauern brauche... Tokyo ist einfach hoffnungslos überfüllt.
... sind eine ganz schön nervige Angelegenheit, besonders wenn sie einen morgens um 7:22 aus dem Bett werfen. Eine ganz blöde Zeit, wenn der Wecker auf kurz nach 8 steht, denn wieder einschlafen lohnt sich dann auch nicht mehr wirklich.
In Tokyo muß das Beben wohl ziemlich heftig gewesen sein. Stattgefunden hat es in der Nähe des Flughafens Narita und wurde dort mit einer Stärke von 6,1 gemessen. In Atsugi haben wir glücklicherweise nur noch 4 abbekommen, aber auch das reicht, damit man ziemlich unsanft geweckt wird.
Nachmittags hat es dann gleich nochmal gewackelt, aber so wirklich erschreckt hat das im Büro keinen, auch wenn diesmal zumindest der ein oder andere von seiner Arbeit hochgeguckt hat.
Ansonsten ein ganz und gar durchschnittlicher, verregneter Arbeitstag ohne besondere Höhen und Tiefen... also nicht viel zu erzählen. Da es gerade 1 Uhr 14 nachts ist, und ich morgen wieder um 8 aufstehen muß, ist das aber vielleicht auch ganz gut so...
Hier ein Screenshot von Yahoo's Erdbeben-Informationsseite:
Arbeit war wie immer und danach bin ich sofort nach Hause gefahren, also gibt es nicht wirklich was zu erzählen. Gedanken mache ich mir im Moment nur darüber, was auf mich zukommt, wenn ich im September wieder nach Deutschland zurückfliegen muß ...
Ein Blick in die Nachrichten hat mir mal wieder bewußt gemacht, auf was ich mich mit der Entscheidung für Japan auch eingelassen habe... So sehr es mir hier gefällt und so sehr ich manchmal Träumereien nachhänge,irgendwann nochmal "für länger" hier hinzukommen. Ob ich mit dem Gedanken, daß jederzeit auch Tokyo und Umgebung von einem starken Erdbeben betroffen sein können, auf Dauer leben könnte?
Ich finde es interessant, wie man hier damit umgeht. Bei meinem ersten Erdbeben hier, das ich schon als relativ ungemütlich empfunden habe, saß ich gerade in der Firma und nicht ein einziger hat überhaupt von seinem Bildschirm hochgesehen... Überhaupt wird über das Thema extrem wenig geredet. (Oder nur nicht in meiner Gegenwart, um die arme Ausländerin nicht zu verschrecken?) Auf der anderen Seite gab es bei meiner Alien Registration drei Heftchen über das Leben in Japan und in allen dreien stand etwas über das richtige Verhalten bei Erdbeben und auch sonst wird man ständig (im Japanischkurs, in der Firma, von Leuten, die man neu irgendwo kennenlernt) darauf hingewiesen, welche Vorbereitungen man treffen sollte etc.
Die Bilder des Erdbebens in Fukuoka wirken irgedwie erschreckender, wenn man weiß, daß das Ganze nur ein paar hundert Kilometer von hier entfernt passiert ist.
Glücklicherweise ist offensichtlich den Menschen in Fukuoka und Umgebung weniger passiert, als man in anderen Ländern bei einem Erdbeben dieser Stärke hätte erwarten müssen.
Ich habe von Anfang Januar 2005 - August 2005 ein Praktikum in Atsugi, Kanagawa, Japan gemacht und absolviere nun mein Promotionsstudium am National Institute of Informatics in Tokyo. Ich werde hier in Zukunft alle, die es lesen wollen (oder die zufällig hier landen) mit mehr oder minder wissenswerten Informationen über das Land der aufgehenden Sonne versorgen. :)
My English short blog can be found at http://genetix.tumblr.com
For anyone interested in robots and AI-related stuff, please have a look at http://www.robotopia.de
Recently, I have also started Twittering...
Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So |
---|---|---|---|---|---|---|
<< < | > >> | |||||
1 | ||||||
2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 |
9 | 10 | 11 | 12 | 13 | 14 | 15 |
16 | 17 | 18 | 19 | 20 | 21 | 22 |
23 | 24 | 25 | 26 | 27 | 28 | 29 |
30 | 31 |
http://japanbeobachtungen.wordpress.com