Hiroshima 広島

01.04.07

Permalink 23:14:01, von admin, 1336 Wörter, 2958 Ansichten  
Kategorien: Everyday Life

Hiroshima 広島

Nachdem ich die letzten Wochen kaum Gelegenheit hatte, irgendwas anderes zu tun, als zu arbeiten, habe ich das letzte Wochenende in Hiroshima verbracht und dachte mir, dass ich das auch mal wieder hier im Blog festhalten sollte. Sorry an die, die schon wieder seit Wochen auf ein Lebenszeichen von mir warten müssen.

Grund meiner Fahrt nach Hiroshima war eigentlich ein Besuch bei einem Kunden von meiner Firma. Ich bin mit dem Chef gemeinsam hingefahren und netterweise durfte ich dann das Wochenende in Hiroshima bleiben.

Die Tage davor waren einigermaßen stressig und lang. Am Abend vor der Fahrt nach Hiroshima war ich noch bis kurz vor Mitternacht in der Firma, bin dann mit dem letzten Zug nach Hause gefahren und war morgens um halb 6 schon wieder da, um noch die letzten, abschliessenden Tests zu machen. Nachdem mein Chef sich also in Richtung Tokyo verabschiedet hatte, ging mein erster Weg daher ins Hotel, weil ich dringend Schlaf nachzuholen hatte. Das Hotel hatte ich mir glücklicherweise aus dem Internet schon gebucht und so lief alles reibungslos.

Am nächsten Morgen war ich dann auch tatsächlich einigermaßen wach, womit ich am Vortag wirklich nicht gerechnet hatte, und habe mich gleich nach dem Frühstück auf den Weg nach Miyajima ( 宮島 ) gemacht. Miyajima ist eine Insel vor Hiroshima. Vom Bahnhof Hiroshima fährt man mit der Sanyô Line etwa 20 Minuten bis zum Bahnhof Miyajimaguchi, von dort dann weiter mit dem Schiff nach Miyajima.
Ein Bild von Miyajima werden vermutlich die meisten schon gesehen haben, denn man findet es in fast jedem Japan-Reiseführer. Es handelt sich um eins der großen Torii vor dem 1168 erbauten Itsukushima Schrein ( 厳島神社 ), dass bei Flut mitten im Wasser steht.

Torii

Auf der Insel angekommen wird man von einem ganz besonderen "Empfangskommitee begrüßt:

Tierisches Empfangskommitee

Freilaufende Rehe findet man auf Miyajima nahezu überall und es ist kaum vorstellbar, wie zutraulich die Tiere sind. Gleich mehrfach habe ich die Warnung gelesen, bitte auf seine Bahntickets aufzupassen, weil die Rehe auch Papier fressen, und die Tickets leider auch bei "Rehfrass" kein zweites Mal ausgestellt werden können. Ich persönlich fand die Warnung zwar eher amüsant, aber wer schonmal hier war, weiß, daß niemand besser darin ist, vor allem und nichts zu warnen, als die Japaner. Selbstverständlich kann da eine unmittelbare Gefahr wie die Anwesenheit potentiell Ticket-fressender Rehe nicht unerwähnt bleiben!

Achtung, Rehe!

Was mich an Miyajima total beeindruckt hat, ist, dass die Umgebung sich wirklich perfekt dazu eignet an einem einzigen Tag bei strahlendem Sonnenschein 11 Monate Tokyo zu vergessen. ;) Ich hatte das Glück, die Insel an einem Freitag zu besuchen und nicht am Wochenende, und ich kann mir vorstellen, dass es bei den Touristenmassen, die an Wochenenden sämtliche interessanten Orte Japans heimsuchen, weitaus weniger entspannend ist, aber so war es absolut perfekt. Zunächst ging es durch eine kleine Einkaufsstraße, zum Itsukushima-Schrein. Der Schrein steht auf Säulen im Wasser und bietet mit seinen langen Gängen wirklich einen wunderschönen Anblick.

Itsukushimaschrein

Lange Zeit was es für normale Menschen verboten, Miyajima überhaupt zu betreten, da man die Insel für einen Ort der Götter hielt. Wer zum Itsukushima Schrein wollte, mußte durch das große Torii vor der Insel kommen, entweder bei Ebbe zu Fuß oder bei Flut mit dem Schiff. Heute steht zwischen dem Allerweltstouristen und seinem Besuch im Itsukushima-Schrein glücklicherweise lediglich der Kauf einer Eintrittskarte, so daß auch ich in den Genuß kam, den Schrein zu besuchen, ohne dafür Mönch oder hochrangiger Staats"mann" werden zu müssen. Auf dem Foto sieht man den Blick vom Schrein auf das Torii, das man frueher auf dem Hinweg durchqueren musste.

Blick vom Schrein

Nach meinem Besuch am Itsukushima-Schrein ging es weiter zum Daishoin Tempel. Während man am Itsukushima-Schrein heiratet, ist der Daishoin Tempel ( 大聖院  ) für den "letzten Weg" zuständig. Die Umgebung ist nicht weniger beeindruckend, als der Itsukushima-Schrein. Überal findet man kleine Buddha-Statuen aus Stein und man kann verschiedenste O-Mikuji ( おみくじ ) kaufen, kleine Zettel, die einem die Zukunft vorhersagen. Ich werde übrigens in nächster Zeit "ein bißchen Glück" haben, besonders beim Lernen. ;)

Buddhastatuen

Weiter ging es dann zur Seilbahn zum Mt. Misen. In der Nähe der obersten Seilbahnstation findet man freilebende Affen, die zwar nicht ganz so zutaulich sind, wie die Rehe, die überall auf der Insel herumlaufen, aber sehr niedlich. Dass sie weniger anhaenglich sind, als die allgegenwärtigen Rehe, liegt sicher vor allem daran, daß es zwar überall Rehfutter gibt, dass es aber verboten ist, die Affen zu füttern, und welcher vernünftige Affe interessiert sich schon für Touristen, die ihm so rein gar nichts anzubieten haben? Trotzdem kommt man schon ziemlich nah an die Tiere heran, wie man hier sehen kann.

Affe

Die drei Affen

Affenbaby

Zu nah sollte man ihnen allerdings vielleicht besser auch nicht kommen. Zumindest schien dieser hier meine Kamera nicht besonders zu mögen.

Grusel-Affe

Nachdem ich mich entschieden hatte, mir den Weg ganz bis auf den Gipfel zu sparen, weil es schon ziemlich spät war, bin ich mit der Seilbahn wieder zurückgefahren. Auf dem Rückweg Richtung Bahnhof habe ich dann eine der Spezialitäten von Mijajima probiert - gebackene Austern.

Austern

Obwohl ich die rohe Variante lieber nicht probieren würde, fand ich die gebackene Variante durchaus lecker - abgesehen davon ist sie auch deutlich weniger teuer. Nachdem ich dann noch Omiyage für meine Kollegen besorgt habe und einen letzten Blick auf das große, rote Torii geworfen hatte - diesmal bei Ebbe - ging es zurück ins Hotel nach Hiroshima.

Torii bei Ebbe

Am Samstag wollte ich mir Hiroshima selbst ansehen, mußte zunächst aber noch zum Bahnhof um meine Rückfahrkarte umzubuchen. Eigentlich hatte ich die Rückfahrt schon für Samstag geplant, aber nach dem Tag in Miyajima hatte ich mich abends spontan enschlossen, im Hotel nach einer Verlängerungsnacht zu fragen.
Leider war der Samstag völlig verregnet. Vom Bahnhof, wo ich erstmal einen Schirm kaufen mußte, und natürlich zu einem Modell gegriffen habe, das nichtmal Kindergröße hatte, bin ich erstmal zum Atombombendom ( 原爆ドーム ) gefahren. Der Atombombendom ist das Gebäude der ehemaligen Industrie und Handelskammer von Hiroshima. Er wurde durch den Atombombenabwurf der Amerikaner am 6. August 1945 zerstört und ist eins der wenigen Gebäude, die als Ruine bis heute erhalten geblieben sind.

Genbaku Doomu

Nach einem Zwischenstopp im Hotel, weil ich total durchnäßt war, bin ich zum Friedensmuseum gefahren. Das Museum wird von einem Überlebenden des Atombombenabwurfs geleitet und enthält neben vielen geschichtlichen Dokumenten, unter anderem auch Briefen von amerikanischen Wissenschaftlern, die am Bau der Bombe beteiligt waren, auch Gegenstände, die sich in der Umgebung des Hypozentrums befunden haben, sowie Zeitzeugenberichte. Schrecklich fand ich persönlich die Exponate, die persönliche Gegenstände und Kleidung sowie Fotos von Atombomben-Opfern zeigten. Das ganze Museum ist eine sehr eindringliche Warnung und irgendwie sehr beklemmend. Ich hatte den Eindruck, ein Stück weit zu verstehen, was damals vorgefallen ist und es bleibt nur zu hoffen, daß sich Geschichte nicht wiederholt, denn was heutige Atomwaffen anrichten könnten, möchte man nach dem Anblick dieser Bilder lieber nicht erfahren müssen.

Friedensmuseum

Vom Friedensmuseum bin ich wieder zurück ins Hotel gefahren. Für meinen letzten Tag in Hiroshima, wo das Wetter glücklicherweise nochmal richtig schön war, blieb dann noch die Innenstadt übrig. Nachdem ich im Bahnhof mein Gepäck abgeladen hatte, bin ich in das Untergrundkaufhaus Shareo gefahren, und von dort zum Hiroshima Castle gelaufen. Das Schloss wurde nach dem Atombombenabwurf neu aufgebaut, es wurde aber versucht, das Original so weit wie möglich zu rekonstruieren. Die Ausstellung im Schloss fand ich nicht so spannend, aber dafür hatte man aus dem obersten Stockwerk einen tollen Ausblick auf Hiroshima.
Nach einem Besuch in der Innenstadt war es dann auch schon Zeit, in den Shinkansen zu steigen und nach Tokyo zurückzufahren. Alles in allem ein sehr entspannendes, lehrreiches und interessantes Wochenende, das mit dem festen Vorsatz endete, häufiger mal herumzureisen, so lange ich noch in Japan bin. Es gibt hier so viel zu sehen!

Kommentare, Pingbacks:

Kommentar von: eva [Besucher] · http://www.japanblog.de
Was ist los, hat dich der eine Affe verspeist ???
PermalinkPermalink 22.04.07 @ 00:20
Kommentar von: admin [Mitglied] Email
Nee... der Affe hat mich nicht verspeist... die Uni ist mal wieder schuld. Es steht mal wieder ein Votrag an - bzw. zwei im nächsten Monat, und irgendwie geht meine Freizeit dafür drauf, bis dahin noch ein paar neue Ergebnisse zu haben... Aber Anfang Mai ist hier "Golden Week" - also eine Woche mehr oder weniger komplett frei. :) Da komme ich hoffentlich mal wieder dazu, zu bloggen und die Mails aufzuarbeiten, die sich derzeit in meinem Postfach stapeln, weil ich nicht zum Antworten komme.... :(
PermalinkPermalink 22.04.07 @ 01:10
Kommentar von: eva [Besucher] · http://www.japanblog.de
Ich wünsche dir auf jeden Fall eine schöne Woche, und vielleicht klappt es ja wieder mit einem Eintrag im Blogg, und ich bin froh, dass dich der Affe nicht verspeist hat
PermalinkPermalink 23.04.07 @ 02:27

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Ich habe von Anfang Januar 2005 - August 2005 ein Praktikum in Atsugi, Kanagawa, Japan gemacht und absolviere nun mein Promotionsstudium am National Institute of Informatics in Tokyo. Ich werde hier in Zukunft alle, die es lesen wollen (oder die zufällig hier landen) mit mehr oder minder wissenswerten Informationen über das Land der aufgehenden Sonne versorgen. :)

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